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Quecksilber-Kompensationspendel neuer Konstruktion (System Riefler)
Von den verschiedenartigen bisher angewendeten Kompensationspendeln gibt bekanntlich das von dem Engländer Graham im Jahre 1721 erfundene Quecksilber-Kompensationspendel die besten Resultate, weshalb wir dasselbe nahezu bei allen astronomischen und anderen Präzisionspendeluhren angewendet finden. Allein dieses Pendel hat auch große Nachteile, welche darin bestehen, dass dasselbe schlecht wirkt, wenn die Temperatur in verschiedenen Höhenschichten ungleich ist, sowie wenn plötzliche Temperaturschwankungen vorkommen. Ferner hat dasselbe eine für die Durchschneidung der Luft ungünstige Gestalt, weshalb die Änderungen des Luftdruckes (Barometerstandes) den Gang einer Uhr mit solchem Pendel verhältnismäßig stark beeinflussen.
Diese Nachteile werden beinahe vollständig vermieden bei dem von S. Riefler, Ingenieur in München, konstruierten, hier abgebildeten Quecksilber-Kompensationspendel. Die Abbildung Nr. 136 zeigt ein Sekundenpendel in 1/10 wirklicher Größe. Dasselbe besteht aus einem Mannesmann-Stahlrohr von 16 mm Weite und 1 mm Wandstärke, welches bis auf die Höhe von etwa 2/3 seiner Länge mit Quecksilber gefüllt ist. Das Pendel hat außerdem eine mehrere Kilogramm schwere Metalllinse von einer die Luft gut durchschneidenden Form, und unterhalb derselben sind scheibenförmige Gewichtskörper für die Korrektur der Kompensation aufgeschraubt, deren Anzahl man zu diesem Zwecke nach Bedarf vermehren oder vermindern kann. Während beim Graham-Pendel die Korrektur durch Veränderung der Höhe der Quecksilbersäule bewirkt wird, indem solange Quecksilber zu- oder ausgegossen wird,. bis die Kompensation erreicht ist, wird dieselbe also bei diesem Pendel durch Änderung des Pendelgewichtes herbeigeführt und bleibt die Höhe der Quecksilbersäule stets unverändert. ++++ Anm.: Hier irrte wohl Schulte ++++ Wenn beispielsweise die Kompensationswirkung des Pendels zu schwach wäre, so müsste, um dieselbe zu verstärken, durch Hinwegnahme einer oder mehrerer solcher Kompensationsscheiben das Pendel leichter gemacht werden, während bei einer sich zeigenden Überkompensation solche Scheiben hinzugefügt werden müssten. Eine derartige Berichtigung der Kompensation ist jedoch nur dann vorzunehmen, wenn das Pendel von mittlerer Sonnenzeit, für welche es berechnet ist, auf Sternzeit eingestellt werden soll. In diesem Falle ist eine Gewichtsscheibe von 110 - 120 gr aufzuschrauben, damit die Kompensation wieder richtig ist. Diese findet alsdann ihren Platz zwischen den, bei jedem Pendel vorhandenen zwei Kompensationsscheiben von je ca. 50 gr Gewicht, deren jede einer Kompensationsänderung von 0,005 Sekunden täglich entspricht. Dieselben wären, da die Kompensationswirkung des Pendels sich ganz genau berechnen lässt, eigentlich nicht nötig, doch sind sie angebracht, um für alle Fälle die Möglichkeit einer Berichtigung der Kompensation zu gewähren.
Die Regulierung des Uhrganges dieser Pendel, welche auf die Kompensation selbstverständlich nahezu ohne Einfluss ist, kann auf dreierlei Art ausgeführt werden: 1. Die grobe Regulierung durch Auf- und Abwärtsschrauben der Linse; 2. eine feinere Regulierung durch Auf- und Abwärtsschrauben der Korrektionsscheiben; 3. die ganz feine Regulierung durch Anwendung von Zulagegewichten. Diese letzteren werden auf einen an einer bestimmten Stelle des Pendelrohres angebrachten Becher aufgelegt. Ihre Form und Größe ist so gewählt, dass sie bequem aufgelegt oder abgenommen werden können, während das Pendel ununterbrochen fortschwingt. Das Gewicht derselben steht in einem bestimmten Verhältnis zum statischen Moment des Pendels und ist so bemessen, dass das Zulagegewicht dem Pendel innerhalb 24 Stunden eine bestimmte Beschleunigung erteilt, deren Größe in Sekunden ausgedrückt auf jedem Zulagegewicht markiert ist. Die Oberkante des Bechers für die Zulagegewichte, welcher beim Transport der Pendel sich möglicherweise etwas verschiebt, soll am Sekundenpendel 497 mm unterhalb der Schwingungsachse des Pendels sich befinden. Die betreffende Stelle ist durch eine, am Pendel angebrachte Strichmarke bezeichnet. Eine an der Rückwand des Uhrkastens anzubringende Metallklappe umklammert, wenn sie in
die Höhe geschlagen ist, das Pendel dergestalt, das dasselbe gegen Drehbewegung geschützt ist, wenn es reguliert wird, so dass die Pendelfeder hierbei keine Verletzung erleiden kann. Ferner ist zur Ablesung des Schwingungsbogens am untersten Ende, des Pendels ein Zeiger, oder wenn die Ablesung durch ein am Uhrgehäuse anzubringendes Fernrohr mit Fadenkreuz erfolgen soll, das Schwingungsmaß angebracht. Die letztere Einrichtung ermöglicht eine direkte Ablesung des Schwingungsbogens bis auf einzelne Bogen-Minuten und eine Schätzung desselben bis zum zehnten Teil dieses Betrages. Das Pendel ist bis jetzt als Sekundenpendel und als 3/4-Sekundenpendel ausgeführt worden. Das Gewicht eines Sekundenpendels beträgt gegen 6 Kilogramm. Die wesentlichen Vorzüge dieses Pendels gegenüber den bisherigen Quecksilber -Kompensationspendeln sind folgende:
1. folgt dasselbe schneller den Temperaturänderungen, weil hier ein geringeres Quecksilberquantum auf eine große Länge des Pendelstabes verteilt ist, während dort die gesamte, wesentlich größere Quecksilbermasse in einem Gefäß am untersten Ende des Pendelstabes sich befindet;
2. aus diesem Grunde haben hier auch etwaige Ungleichheiten der Temperatur der Luft in verschiedenen Höhen des Pendels keinen so störenden Einfluss wie bei jenem Pendel;
3. wird dasselbe durch die Veränderung des Luftwiderstandes nicht so stark beeinflusst, als jenes, weil die Hauptmasse des Pendels eine linsenförmige Gestalt hat und daher die Luft leicht durchschneidet;
4. sind diese Pendel schon kompensiert und fällt daher die bei allen anderen Kompensationspendeln notwendige und meistens nur durch langwierige Versuche zu erreichende Korrektur der Kompensation weg.
Siehe auch: [Kompensationspendel] [Pendel] [Pendel-Echappement mit vollkommen freiem Pendel, System Riefler] [Quecksilber] [Quecksilberpendel] [Riefler, Siegmund] [Sekundenpendel]
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