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Zapfen-Einbohren
Ist z.B. an einer guten Unruhwelle der untere Zapfen abgebrochen, dann spanne man dieselbe mit Unruhe eventuell mit dem Plateau in die Schraubenpoliermaschine und zwar an dem Ansatz für die Spiralrolle, die Maschine selbst aber möglichst senkrecht in den Schraubstock. Mit dem kleinen Mississipistein schleife man den noch stehenden Zapfenstumpf ab, die Mündung der Welle ein ganz klein wenig flach und markiere mit dem Mittelpunktsucher das Zentrum, das man alsdann mit einem Dreiecksenker, wie man ihn sich an alle mittelstarken, heftlosen Reibahlen angeschliffen hat, den man nötigenfalls etwas vergrößert. Hierauf nehme man den Bohrer in die rechte Hand, setze ihn fest in die Senkung der Welle und bringe mit der linken Hand die Zange der Schraubenpoliermaschine mit der in ihr befestigten Unruhwelle in die bekannte, hin und herdrehende Bewegung, den Bohrer in der rechten Hand jedoch stets senkrecht und fest haltend.
Die beiden oberen Teile der Maschine, den Feilenansatz und den Lapideurzapfen benutze man als Stützpunkt für die Hand. Besitzt der Bohrer die richtige Form, so kann man einen ziemlich kräftigen Druck ausüben. Zur Befeuchtung benutze man Öl, oder was noch besser ist, "Speichel." Für sehr harte Wellen und Triebe eignet sich besonders Terpentinöl oder Karbolsäure. Vor allen Dingen hat man bei dem Bohren aber darauf zu achten, dass der Bohrer stets seine Schärfe behält, dass er an der Schneide nicht glatt wird und das Loch poliert. Um dies zu verhindern, ziehe man denselben stets nach 20 - 30 Drehungen aus dem Loch heraus, steche ihn in Fliedermark sauber und betrachte ihn mit der Lupe. Ist er noch vollkommen scharf, so ist es gut, hat er aber schon eine blanke, d.h. stumpfe Stelle, so schleife man ihn sofort ein wenig nach. Es ist nämlich von Vorteil, wenn sich seine erste Form etwas ändert, da er alsdann wieder neue Angriffspunkte erhält. Es ist aber dabei zu beachten, dass er bei dem Schleifen nicht zu klein und das Loch nicht zu konisch, sondern zylindrisch wird.
Hat das Loch die genügende Tiefe von 1 bis 1 ½ Zapfenlängen erhalten, dann reinige man es sauber in Benzin und messe es mit einem schlank gespitzten Putzholz. Sodann feile man den Stift für den Zapfen, benutze aber dazu niemals eine alte Zapfenreibahle, da dieser Stahl meistens unganz und überhaupt unbrauchbar dafür ist, sondern man nehme guten Tamponstahl, oder die stählernen Saiten eines Musikinstrumentes, welcher Stahl zwar erst durch "blau anlassen" genügend weich gemacht werden muss, sich aber ganz vorzüglich für diese Arbeit eignet. Den Stift selbst feile man fast ganz zylindrisch und schleife ihn sauber mit dem Mississippistein nach, bis man ihn mit leichterem Druck ungefähr ein Viertel bis ein Drittel in das Loch hineinschieben kann. Nun zwicke man ihn ungefähr auf die doppelte Länge des zu verwendenden Stückes ab und spanne ihn in das Stiftenklöbchen, schleife ihn vorn und hinten flach, nehme vorn den Grad ab und drücke ihn alsdann langsam, ein wenig hin- und her drehend, so fest als möglich in die Welle. Man sei aber vor allen Dingen vorsichtig, dass man dabei nicht die Unruhe verbiegt und gebe lieber noch einen oder zwei kurze Schläge mit denn Hammer darauf, indem man die Unruhe auf die im Schraubstock befindliche Nietbank legt.
Noch einmal sei ausdrücklich bemerkt, dass das Loch vorher ganz sauber gereinigt und der Stift gut flach geschliffen sein muss, auf keinen Fall rau sein darf. An dem mit dem Putzholz vorher gewonnenen Masse der Tiefe des Loches sieht man ganz genau, wie weit der Stift eingedrungen ist. Es ist nicht nötig, ja sogar von Nachteil, wenn derselbe bis auf den Grund des Loches zu sitzen kommt. Ein auf diese Weise eingesetzter Zapfen wird unbedingt fest und sicher sitzen, und in den meisten Fällen auch rund laufen. Sollte er aber ein wenig schwanken, so dreht man in der Arrondierscheibe des Drehstuhls einen Körner an, den Zapfen selbst rund und die sogenannte Trompete sauber nach, die man hierauf zugleich mit dem Zapfen auf dem Zapfenrollierstuhl fertig poliert. Hat man vorher beobachtet, dass der abgebrochene Zapfen zu lang war, dann nehme man einen etwas stärkeren Bohrer, damit das Loch weiter und das einzusetzende Stück dicker wird, worauf man der Trompete dieses neuen Zapfens eine längere Form geben kann, mithin der Zapfen an und für sich etwas kürzer werden muss. Ist durch irgend einen Umstand der Bohrer abgebrochen und im Bohrloche stecken geblieben, reinige man Welle und Loch zuerst in Benzin und versuche durch Eindrücken der Welle in Wachs den abgebrochenen Bohrer herauszuziehen, da das Bohrstückchen, falls es nicht zu fest sitzt, in dem klebrigen Wachs hängen bleibt.
Gelingt dies aber nicht sofort, so versäume man nicht unnütz Zeit, sondern drehe gleich eine neue Welle oder Trieb ein. Handelt es sich aber beispielsweise um ein schwer ersetzliches Trieb, dann feile oder drehe man den ganzen Teil, in welchem der abgebrochene Bohrer steckt, einfach ab, bohre ein neues größeres Loch und setze ein längeres Stück ein, welches man hernach zu einem Ölfang andrehen kann, wie man solche sehr oft an den Unruhwellen feiner Taschenuhren findet. Hat der Bohrlöffel eine falsche oder schlechte Form, so kann es vorkommen, dass sich in der Mitte des Bohrloches eine kleine Spitze, ein sogenannter König bildet, welcher das weitere Bohren verhindert. Dieses Übel beseitigt man dadurch, dass man sich einen Bohrer anfertigt, der genau die Form eines Schraubenziehers besitzt, jedoch auf beiden Seiten etwas flach geschliffen ist, und genau in das Loch hineinpasst; hierauf bohrt man, wie gewöhnlich, bis der Körner vollständig beseitigt ist, worauf man mit einem anderen, oft auch gleich mit diesem selbst das Loch fertig bohren kann.
Siehe auch: [Ansatzbohrer] [Bohrer] [Bohrer für Unruhwellen] [Brillengläser, bohren] [Dreh- und Bohrfutter] [Drillbohrer] [Geradebohrmaschinen] [Gewindebohrer] [Glas] [Glas und Porzellan, Bohren von] [Nagelbohrer] [Parallel-Schraubstock] [Spiralbohrer] [Zapfen] [Zapfenbohrer] [Zapfenbohrer, deren Anfertigung]
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