Vom Nutzer für den Nutzer - Bitte, nimm Dir ein wenig Zeit, hier findest Du Erläuterungen von Fachbegriffen zum Thema Uhr(en) bzw. Zeitmessung.
[zurück]
Seewarte, die deutsche
(Stand 1902) Die deutsche Seewarte befindet sich in Hamburg, sie wurde am 1. Januar 1875 ins Leben gerufen und ist ein Institut des deutschen Reiches. Anfänglich in den Räumen des Seemannshauses untergebracht, ergab sich bald die Notwendigkeit eines eigenen Gebäudes, und bereits am 14. September 1881 konnte in Gegenwart des Kaiser Wilhelm I., des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, späteren Kaisers Friedrich und dessen Gemahlin, sowie einer glänzenden Versammlung militärischer und wissenschaftlicher Größen, das Gebäude der deutschen Seewarte eingeweiht werden.
Das völlig frei gelegene, durch vier Ecktürmchen architektonisch hübsch gestaltete Gebäude liegt 30 m über dem Nullpunkt des Elbpegels und bietet durch seine Isoliertheit genügende Sicherheit für die Beobachtungen über den Erdmagnetismus, durch seine Höhe einen günstigen Beobachtungspunkt für die Messung der Windstärke und Windrichtung.
Das Kellergeschoss enthält die Räume für verschiedene Normalinstrumente, Mess-und Registrierapparate für Luftdruck und Temperatur, Druckerei, mechanische Werkstatt, die Wohnung des Hauswarts etc. Ein ziemlich langer Gang verbindet das Kellergeschoss mit dem unterirdisch angelegten Observatorium. Im Erdgeschoss befinden sich die Arbeitsräume der Abteilung II, der Modell- und Instrumentensaal, der Lesesaal für den Unterrichtskursus für Navigationslehrer - Aspiranten und die Direktorwohnung.
In der ersten Etage sind die Direktorialräume, ein großer Konferenzsaal, die Arbeitszimmer für Abteilung I, ein Lesezimmer, die Bibliothek und die Registratur. Die Bibliothek enthält über 20.000 Bände und bietet hauptsächlich für Meteorologie und Physik ein überaus wertvolles und umfangreiches Material, das alle Publikationen der letzten 60 Jahre von irgendwelcher Bedeutung enthält. Die Kartensammlung, deren Material alle Teile der Erde, insbesondere die von der deutschen Handelsmarine am meisten besuchten, umfasst, enthält über 1.500 Seekarten.
Die zweite Etage enthält die Arbeitszimmer der Abteilungen III und V und der Redaktion der Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie Ein Instrumentenzimmer, den Zeichensaal und Dienstwohnungen. Auf dem Westturm ist ein Anemometer aufgestellt, das in einem unmittelbar darunter liegenden Pavillon, Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Winddruck kontinuierlich aufzeichnet und das mit einem Registrierapparat im Instrumentenzimmer der Abteilung III elektrisch verbunden ist.
Der Südturm wird hauptsächlich zur Prüfung von Sextanten benutzt. Zwischen diesen beiden Türmen, nach der Hauptfront hin, erhebt sich der Signalmast zur Signalisierung der Stürme, sodass derselbe vom Hafen und von der Elbe weithin sichtbar ist.
Der Nordturm trägt oben eine eiserne Drehkuppel zur Aufstellung eines Universalinstruments zu astronomischen Beobachtungen; über dem Ostturm wölbt sich ebenfalls eine Kuppel, in der ein Passageninstrument zu Zeitbestimmungen aufgestellt ist. Die Seewarte umfasst fünf verschiedene Abteilungen.
- Die Abteilung I beschäftigt sich hauptsächlich mit der maritimen Meteorologie. Ihr Arbeitsmaterial wird ihr besonders von den Mitarbeitern zur See durch die geführten meteorologischen Journale geliefert. Die Zahl dieser Mitarbeiter hat sich seit dem Bestehen der Seewarte stetig vermehrt; sie betrug im Jahre 1875 111 und im Jahre 1899 rund 460. Als Gegenleistung für diese Arbeiten erhalten die Kapitäne und Steuerleute alle Vorteile unentgeltlich, die das Institut nur gewähren kann; ihre Chronometer, Kompasse, Sextanten usw. werden geprüft, die Segelhandbücher und Atlanten der Seewarte werden unter sie verteilt, die Benutzung der Bibliothek und Kartensammlung ist ihnen freigestellt, und bereitwilligst wird ihnen schriftlich und mündlich Rat erteilt über die Ausführung der zu machenden Reise und über sonstige seemännische Dinge.
- Der Abteilung II obliegt die Untersuchung der Kompasse und ihrer Deviation an Bord eiserner Schiffe und die Prüfung der Positionslaternen sowie meteorologischer und nautischer, für die Navigierung eines Schiffes nötigen Instrumente mit Ausnahme der Chronometer, für die eine eigene Abteilung vorhanden ist. Zur Untersuchung der Kompasse und zur Bestimmung ihrer Deviation sind in allen Haupthafenplätzen Deutschlands entsprechende Einrichtungen getroffen. Der Verbesserung der Konstruktion der Kompasse wird eine besondere Sorgfalt gewidmet; hierzu dienen die Untersuchungen im Kompass-Observatorium sowie die Beobachtung an Bord bei der Kompass-Regulierung und die Beobachtungen auf See; die Prüfung der Positionslaternen und der nautischen und meteorologischen Instrumente verfolgt neben der Ermittlung der Fehler ebenfalls den Zweck der Verbesserung der Konstruktion. Die Prüfung der Sextanten erfolgt nur im Zentralinstitut in Hamburg und in der Hauptagentur in Bremerhaven, während alle übrigen Instrumente auch bei. den Agenturen der verschiedenen Hafenplätze der Ostsee geprüft werden.
- Zentralstelle für Wettertelegraphie, Sturmwarnungen und Küstenmeteorologie ist die Abteilung III, bei der von in- und ausländischen Stationen stets telegraphische Mitteilungen über meteorologische Beobachtungen einlaufen, die in Karten und Tabellen eingetragen werden, worauf durch Vergleich mit früheren Beobachtungen die mutmaßliche Veränderung der Wetterlage festgestellt und kundgegeben wird. Die Sturmwarnungen werden telegraphisch den verschiedenen Signalstellen im Gebiet der Ost- und Nordseeküste bekannt gegeben.
- Die Prüfung der Chronometer ist Aufgabe der Abteilung IV. Dieselbe ist in einem kleinen Gebäude untergebracht. Sie gibt sowohl den Fabrikanten Gelegenheit, ihre Chronometer bezüglich der Kompensation und des Isochronismus der Schwingungen der Unruhe eingehend untersuchen zu lassen, als sie auch die Reeder und Schiffsführer in Stand setzt, brauchbare und geprüfte Instrumente zu erwerben; sie bestimmt ferner den Gang der Chronometer bei verschiedenen Temperaturen. Zur Förderung der Chronometerindustrie in Deutschland wird alljährlich eine Konkurrenzprüfung abgehalten, zu der nur deutsche Uhrmacher zugelassen werden.
- Die seit dem Jahre 1892 bestehende Abteilung V betreibt die Hafen- und Küstenbeschreibung und die Herausgabe der Segelhandbücher im Anschluss an die Segelhandbücher der Kaiserlichen Admiralität. Zur Bearbeitung dienen von Konsulaten, Kapitänen und Steuerleuten eingesandte Fragebogen und Berichte und war die Seewarte Ende 1899 im Besitze von mehr denn 1.200 Fragebogen und Berichten mit etwa 1.400 Anlagen über Häfen aller Erdteile.
Daneben sind an verschiedenen deutschen Orten mehr als 70 Nebenstellen eingerichtet, die sich in Signalstellen, Normalbeobachtungsstationen und Agenturen gliedern. In Hamburg, Bremerhaven, Swinemünde und Neufahrwasser befinden sich Hauptagenturen, denen in beschränktem Maße der Geschäftskreis der Abteilungen I und II zufällt und die durch eigene Beamte verwaltet werden. Agenturen II. Klasse, die als Nebenämter meistens von Navigationslehrern verwaltet werden bestehen in Memel, Pillau, Stettin, Stralsund, Barth, Wustrow, Rostock, Lübeck, Flensburg. Brake, Elsfleth und Emden. Sie sind ebenso wie die Hauptagenturen mit Karten und Instrumenten, jedoch in geringerer Anzahl, versehen.
Siehe auch: [Chronometer] [Gangschein] [Normalzeit] [Observatorium] [Schiffschronometer] [Sternwarte] [Telegraphie] [Uhrenprüfung] [Zeitball] [Zeitnormal] [Zeitzone]
[zurück]
Ein gezeigtes Bild kann zur Vergrößerung angeklickt werden. Das größere Bild wird in einem neuen Browserfenster geöffnet.