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Sanduhr, Geschichte der (Teil 1)
Geschichtliches
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Wie auch bei der mechanischen Uhr sind Ort und Zeitpunkt der Erfindung der Sanduhr unbekannt. Lange Zeit ging man davon aus, dass sie, wie auch die Sonnen- und Wasseruhr, schon in der Antike bekannt gewesen sei. P. Firlan Kindler führt die Sanduhr in seinem Buch über die Uhren auf die Antike zurück. Als Beleg bringt er ein griechisches Basrelief aus dem 3.Jahrhundert v.Chr. welches in eine Wand des römischen Mattai- Palastes eingemauert ist. Das Relief stellt die Hochzeit des Peleus und der Thetis dar. Unter anderen Figuren sieht man auch Morpheus der sich auf eine Sanduhr stützt. Von Carl Robert, einem Spezialisten antiker Sarkophagreliefs, ist jedoch 1904 festgestellt worden, dass es sich bei diesem Teil des Reliefs um eine Restaurierung aus dem 17.Jahrhundert handelt.
Hinweise in der Literatur nach denen schon der griechische Gelehrte Archimedes 200 vor Christi eine Sanduhr besessen haben soll, stammen von Schriftstellern des 16. bis 19. Jh. Eine Quelle dieser Informationen wird nicht genannt. In der Literatur taucht als Erfinder der Sanduhr immer wieder der Mönch Luitiprand aus Chatres aus dem 9. Jh. auf (dieser hatte sich auf dem Gebiet der Glasherstellung hervor getan). Aber auch hier bleibt man den Beweis schuldig.
Im Jahre 1665 veröffentlichte der italienische Schriftsteller Martinelli eine Abhandlung über die Sanduhr und bezeichnet diese als etwas ganz Neues. Der Ausschnitt aus einem Fresko von Ambrosio Lorenzetti am Palazzo Publico in Siena aus dem Jahre 1338 zeigt sehr gut eine Sanduhr mit allen Details (siehe Abbildung). Es ist die älteste bekannte Darstellung.
Die antike Literatur erwähnt die Sanduhr nicht, es gibt auch keine Darstellungen aus dem Altertum. Die ersten Hinweise stammen aus dem 14. Jahrhundert. In diese Zeit muss die Erfindung fallen. Somit ist die Sanduhr erst nach der mechanischen Uhr erfunden worden.
Die Sanduhr war in ihrer Herstellung relativ einfach und ohne mathematische Kenntnisse oder Berechnungen von jedermann zu handhaben. Komplizierte Angaben wie bei den Sonnenuhren oder frühen astronomischen Uhren entfielen. Dies war sicherlich einer der Hauptgründe für ihre schnelle Verbreitung. Dem Inventar- Verzeichnis Karls des V. von 1379 ist zu entnehmen, dass er drei Uhren und eine Sanduhr besaß. In einem Wirtschaftsbuch aus dem Jahre 1393 hat ein Pariser Bürger die Art und Weise, wie der Sand für die Sanduhr zu bereiten ist, ausführlich dargelegt. Die Sanduhr kannte man zu dieser Zeit in Frankreich also schon lang genug, dass sie bereits einen festen Platz im Leben der Menschen innehatte. Laut Professor Schinzinger kam die Sanduhr im 14. Jahrhundert durch europäische Mönche nach China. Auch unter den arabischen Uhren befindet sich die Sanduhr, die von den arabischen Schriftstellern wieder und wieder erwähnt wird. 1536 erschien eine eigene Abhandlung darüber, wie die Einschnürung der Sanduhr herzustellen sei und 1585 schreibt Taqi al Din: "Die Sanduhren sind allgemein bekannt und in jedermanns Hand." Die Urheimat der arabischen Sanduhr ist uns heute unbekannt.
Gestaltung der Sanduhren
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Von den ersten Sanduhren sind leider keine Exemplare erhalten geblieben. Aus der Zeit vom 16. bis 18. Jahrhundert gibt es zum Teil recht gut erhaltene Stücke in vielen Kirchen und Museen zu bewundern. Betrachten wir die verschiedenen Arten von Sanduhren sehen wir eine große künstlerische und technische Vielfalt.
Die Reisesanduhr des Erasmus von Rotterdam, wird im Verzeichnis der Ambachschen Sammlungen von 1662 wie folgt erwähnt: "Erasmi bleyern SandÜhrlein von Ebenholz in einem Futter." Die Bemühungen mittels der Sanduhr die Zeit genauer messen zu können, wird bei den Sanduhren mit mehrfach verengten Glaskolben zur Unterteilung der Stunden in kleinere Abschnitte deutlich. Es wird die Zeitablesung durch die Gestaltung des einen viergeteilten Glaskolbens in viertel Stunden Einteilung möglich.
Um eine Unterteilung der gemessenen Zeit besser zu erreichen, bediente man sich oft einer Zusammenstellung von Sanduhrgläsern mit verschiedenen Laufzeiten. Gestelle mit zwei Gläsern, in denen das eine Glas eine halbe und das andere Glas eine ganze Stunde liefen kamen zum Einsatz. Auch dreigläsrige Sanduhren wurden gefertigt, diese sind jedoch sehr selten. Leider ist mir nicht bekannt, welche Zeiteinteilung bei diesen Gläsern benutzt wurde.
Eine weitere Art von Sanduhrzusammenstellungen sind die viergläsrigen Sanduhren. In diesen läuft das erste Glas eine viertel, das zweite eine halbe, das dritte eine dreiviertel und das vierte Glas eine volle Stunde. Man kann somit nach dem Umwenden der Sanduhr den Verlauf einer Stunde in Viertelstundeneinteilung beobachten.
Aber es gibt auch sehr seltene Sanduhren mit fünf Gläserpaaren. Hier sind die Laufzeiten wie bei der viergläsrigen Sanduhr - das fünfte Glas jedoch hat eine Laufzeit von 7,5 Minuten. Weshalb man sich die Mühe machte eine Viertelstunde noch einmal zu unterteilen, ist bisher ungeklärt. Einmalige Exemplare mit sechs Gläsern (in Leipzig) und sogar mit acht Gläsern (in Kassel) sind erhalten geblieben. Viele dieser Sanduhrzusammenstellungen haben ein einzeigriges Zifferblatt. Beim Wenden des Gläsergestelles wird über einen hölzernen Schalthebel, ein Stoffband oder über ein Zahnradgetriebe der Zeiger um eine Stunde weiter gerückt. Die Zeitmessung über einen längeren Zeitabschnitt war also durchaus möglich.
Einsatzgebiete der Sanduhren
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Vielfältig ist das Einsatzgebiet der Sanduhren. Im Folgenden sollen die Bekanntesten genannt werden.
- Olivier de la Marche beschreibt in seinen Erinnerungen ein Turnier, das man 1468 am Hofe Karls des Kühnen anlässlich der Hochzeit des Herzogs von York veranstaltete. Die Dauer der einzelnen Kämpfe maß ein Zwerg mit einer Sanduhr ab.
- 1662 wurde das Monopol für mietbare Fackeln durch einen Pariser Parlamentsbeschluss dem Abbé Laudati Caraffe erteilt, der seine Träger mit Viertelstundengläsern ausrüstete. In den Großstätten des 16. und 17. Jahrhunderts führten die Sänften- und Laternenträger Sanduhren am Gürtel mit, nach dessen Ablauf sie den Preis für ihre Dienste berechneten.
- Ein Brief, den Boswell am 22. Oktober 1779 an Samuel Johnson schrieb, deutet darauf hin, dass man hin und wieder Gespräche und Anstandsbesuche nach der Sanduhr bemessen hat.
- Große Bedeutung erfuhr die viergläsrige Sanduhr beim Einsatz auf den Kanzeln in der Kirche.
Es kam immer wieder zu Problemen mit redefreudigen Geistlichen, welche die Predigt zu lang ausdehnten. Dadurch fehlten dem Landadel und den Grundbesitzern die Bauern und Tagelöhner auf den Feldern worüber es häufig zu Klagen kam. Im Zuge der Reformation wurden dann in fast allen deutschen Ländern verbindliche Kirchenordnungen eingeführt. In einer Kirchen- und Schulordnung von 1565 heißt es: "Die Morgend wie auch alle anderen Predigten sollen durchaus nicht über eine Stunde dauern, deshalb auf jeder Kanzel eine richtige Sanduhr angeschaffet ... die bei Betretung umgewendet werden soll."
Dass eine Stunde Predigt jedoch mehr als lang genug sein kann zeigt nicht nur der Kupferstich mit dem Titel "Die schlafende Versammlung". So gesteht die heilige Theresa von Avila (1535-1582) in einem Brief, dass sie mehr als einmal gewünscht hätte, den Fall des Sandes zu beschleunigen, der ihre Gebetszeit maß. Gern wird auch folgende kleine Anekdote zitiert: -Wie oft mögen Augen, die mit dem Einschlafen kämpften, durch den Anblick des sich zum Ende neigenden Vorrats erfrischt worden sein. Nur durfte kein freudiger Redner oben stehen wie jener gefürchtete, der gern gegen die Trunksucht predigte und, wenn er ins Feuer gekommen war, das Zeitglas wieder umzudrehen pflegte mit dem Spruche: "Ei, so lasset uns denn noch ein Gläslein genehmigen".
Weiter zu Teil 2 >>>>>
Quelle: Lothar Hasselmeyer, Dresden
Siehe auch: [Badeuhr] [Eieruhr] [Elementaruhr] [Glas] [Glasenuhr] [Kanzeluhr] [Log] [Log-Uhren] [Logleine] [Sanduhr] [Sanduhr, Geschichte der (Teil 2)] [Sanduhr, Geschichte der (Teil 3)] [Sanduhrmacher]
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