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Heliostat
Der Heliostat (Sonnensteller) ist ein Hilfsinstrument für die verschiedensten wissenschaftlichen und technischen Arbeiten, welche Sonnenlicht erfordern. Im ersteren Fall dient derselbe vornehmlich spektroskopischen Zwecken und ist unentbehrlich bei der Untersuchung des Sonnenspektrums, welches bekanntlich entsteht, wenn das weiße Sonnenlicht mittels Glasprismen in die 7 Regenbogenfarben zerlegt wird; das Farbenband des Sonnenspektrums wird beobachtet mit einem Spektral-Apparat, auf dessen verstellbarem Lichtspalt ein vom Heliostaten geleitetes Lichtfeld andauernd festgehalten wird. Auch für botanische und anatomische Arbeiten wird der Heliostat verwandt, und in der fotographischen Technik vielfach als Hilfsapparat für die Herstellung vergrößerter Positive nach kleinen Negativen mittels der Solarkamera, kurzum überall, wo es sich darum handelt, weißes Sonnenlicht an einem bestimmten Punkte stundenlang festhalten zu müssen.
Am Heliostaten fällt zunächst der Reflexionsspiegel (je nach Bedarf 200 - 800 [ ]cm Oberflächenausdehnung) in die Augen, welcher den hellen Sonnenfleck dahin leiten und festhalten soll, wo er gewünscht wird. Um diese Aufgabe zu erfüllen, bedarf der Spiegel einer ganz bestimmten Führung und Bewegungs¬möglichkeit. Diese streng vorgeschriebene Leitung vermitteln 2 gut orientierte Achsen und ein zuverlässiges Uhrwerk. Weshalb nun diese komplizierte Leitung des Reflexionsspiegels? Die Erklärung dafür soll hier so kurz als es möglich ist, gegeben werden, weil die Grundbedingungen nicht jeden Leser geläufig sein dürften. Bei der Spiegelführung kommen 3 Punkte in Frage: die Achsendrehung der Erde, die verschiedene Sonnenhöhe und die geographische Lage des Beobachtungsortes. Die sorgfältige Berücksichtigung genannter 3 Punkte gewährleistet erst den richtigen Gang des Spiegels bzw.das Feststehen des Sonnenreflexes.
1. Bewegung der Erde um ihre Achse innerhalb, 24 Stunden.
Da diese Drehung von Westen nach Osten vor sich geht, so erscheint die Bewegung der Sonne entgegengesetzt von Osten nach Westen und zwar in unserer nördlichen Hemisphäre durch den Südpunkt; auf der südlichen Halbkugel der Erde würde, da der Aufgang der Sonne immer in der Ostgegend stattfindet, der tägliche Sonnenlauf in einem niederen oder höheren Bogen durch die nördliche Mittagslinie führen, daraus folgt, was hier gleich eingeschaltet werden mag, dass für die Beobachtung in der südlichen Erdhälfte das Uhrwerk des Heliostaten entgegengesetzt laufen muss. Wandert also hier in Europa die Sonne von Ost nach West durch die südliche Mittagslinie, so muss das Uhrwerk des Heliostaten, um der Sonne zu folgen, auch der Richtung dieses scheinbaren Sonnenlaufs folgen, demnach tatsächlich entgegengesetzt der wahren Erddrehung den Reflexionsspiegel herumführen.
2. Die verschiedene Sonnenhöhe während des Jahres,
d.h. die Abweichung vom Äquator nach Nord und Süd (Sonnendeklination). Diese beträgt nach jeder Richtung im Maximum 23 ½ Breitengrade. Die Sonne durchläuft die Ekliptik (Tierkreislinie genannt) innerhalb eines vollen Jahres. Diese scheinbare Sonnenbahn ist 23 ½ Grad zum Erd- bzw. Himmelsäquator geneigt und schneidet die Äquatorlinie in 2 Punkten, den sogenannten Tag- und Nachtgleiche-Punkten, am 21.3. und 23.9. Diese Knotenpunkte bilden demnach die mittlere Sonnen-höhe (in Berlin 37 ½ °). Am 21. 6. ist die größte nördliche Deklination erreicht (Berlin 61 °), während die Sonnenbahn am 21.12. zum tiefsten Punkt (in Berlin nur 14 ° Höhe über dem südlichen Horizont) hinab gesunken ist. Der Höhenunterschied ist demnach 2 x 23 ½ °= 47 °, das ist soviel wie 94 Sonnendurchmesser. Da nun, wie aus diesen Anmerkungen hervorgeht die Höhendifferenz eine sehr bedeutende ist, so müssen auch bei der Konstruktion eines Heliostaten dieselben gebührend berücksichtigt werden. Wäre dieser Unterschied der Sonnenhöhe durch die schiefe Lage der Ekliptik nicht geschaffen, so gäbe es für die Erde auch keinen Unterschied, der Jahreszeiten.
3. Als dritter Punkt kommt die geogr. Lage des Beobachtungsortes in Betracht (Heliostatenstandpunktes), die Polhöhe des Ortes.
Für Berlin ist dieselbe 52 ½ °, d.h. der Winkelwert vom Horizont bis zum Polarstern. In dieser Richtung, in der Ebene durch den nördlichen Meridian (Mittagslinie) Süd-Nord gelegt, muss die Polarachse des Heliostaten so genau als möglich gerückt und festgeklemmt werden. Mit dieser Achse fest verbunden ist das Stundenrad des Uhrwerks. Die Gesamtanordnung ist demnach dieselbe wie die bei der Konstruktion des astronomischen Fernrohrs vorgeschriebene, bei welchem die Polarachse stets die Richtung nach dem Himmelspol nehmen muss, also genau parallel der Erdachse. Ebenso analog dem parallaktisch aufgestellten Fernrohr ist am oberen Endpunkte, genau rechtwinklig zur Polarachse, die Deklinationsachse montiert und mit ersterer fest verbunden. Dieselbe dient nun zur Vermittlung der ordnungsmäßigen Einstellung des Spiegels für die am Beobachtungstage vorhandene Sonnenhöhe. Der Deklinationskörper, in welchem genannte Achse befestigt ist, steckt mit einem etwa 3 cm langen Schaft, leicht drehbar, auf dem nach oben konisch auslaufenden Ende der Polarachse und kann somit gegen das festaufsitzende Stundenrad der Uhr verdreht werden, um die wahre Sonnenzeit einstellen zu können. Der dazu nötige Stundenkreis ist fest verschraubt mit dem Gehäuse der Polar-oder Stundenachse. Der Zeiger für die Zeiteinstellung befindet sich am drehbaren Deklinationskopf, welcher mittels einer kleinen Griffschraube nach richtiger Zeiteinstellung, mit der Polarachse zuverlässig verbunden wird.
Das am Deklinationskopf befindliche Kreissegment ist vorn 0-Punkte aus nach jeder Seite bis zu 23 ½ ° geteilt (+ oder - vom Äquatorpunkt), welcher wiederum in Bezug auf die Polarachse genau rechtwinklig vom Schnittpunkt beider Achsen liegt. Auf diesem Gradbogen wird die jeweilige Sonnenhöhe für den betreffenden Arbeitstag mittelst feiner Strichmarke, die sich am kurzen Arme der Deklinationsgabel befindet eingestellt. Die Gabel selbst ist schwer drehbar auf der kurzen Deklinationsachse gelagert und trägt an ihrem längeren Ende eine kleine Schiebehülse, welche mittels Konus und Spitzenschrauben, die in einer halbkreisförmigen kleinen Gabel genau orientiert sind, nach allen Richtungen hin leicht drehbar ist. Diese kurze Schiebehülse gibt der am Rahmen des Reflexionsspiegels befestigten Führungsstange die richtige Leitung vom Aufgange bis zum Untergange der Sonne. Der Spiegelrahmen selbst ist zwischen 2 Schraubenspitzen in Körnergesenken des Querarmes der Spiegelachse, leicht kippend, die Achse selbst in der am bogenförmigen Spiegelträger befestigten Rohrbuchse geschmeidig drehbar. Zur Entlastung des Spiegels samt Rahmen und Gegengewicht ist die Friktionsrolle mit abgepasstem Federdruck angeordnet.
Eine angenehme Vervollständigung des Heliostaten bildet noch die Anordnung, den Spiegel mit seinem Bogenträger in der Höhenlage verstellbar einzurichten, indem man das Kreissegment unterbricht und in selbiges einen das Spiegellager tragenden, etwas schmaleren Bogen vertieft einpasst, welcher sich nunmehr in der Kreisbahn bequem verschieben und in gewünschter Höhe durch eine Griffschraube feststellen lässt. Somit erreicht man leicht eine Spiegelreflexeinstellung von 10 - 15 ° abwärts oder aufwärts vom horizontalen Lichtaustritt; zugleich kann auch der Lichtreflex horizontal in jeder Höhe herumgeführt werden, wenn der um die senkrechte Hauptachse (Azimutachse) drehbare Bogen mittelst der Druckschraube D gelöst und nach Bedarf an einem passenden Punkte wieder angezogen wird. Aus allen vorhergehenden Erläuterungen erkennt man wohl leicht, dass nur die beiden letztgenannten Spiegelverstellungen im Belieben des Beobachters stehen.
Die nach einem Photogramm hergestellte Abbildung Nr. 81 zeigt den Heliostaten in ¼ natürlicher Größe. Die eingezeichneten Buchstaben bedeuten: A die senkrechte Hauptachse ( Azimutachse), welche sich mit schwer drehbaren Konuszapfen in der Buchse des Dreifußes B drehen lässt, um die Polarachse P in die Mittagslinie einzurücken. Die ganze vertikale Richtung der Azimutachse ist mittelst der 3 Griffschrauben G unter Kontrolle der mit dem tellerförmigen Ansatz der Achse fest verbundenen Libelle L leicht einstellbar. U ist das Uhrwerk, durch das Zwischenrad R mit 72 Zähnen mit der Polarachse P fest verbunden. Der aus der Uhrdose herausragende Stahltrieb T (mit 12 Zähnen) dreht sich in 4 Stunden einmal herum, demnach macht das Zwischenrad R in 4 x 6 Stunden = 1 vollen Tage die volle Umdrehung mit der Polarachse. Die Zeit, d.h. die wahre Sonnenzeit, wird am Stundenkreis St, mittels des schon besprochenen Zeigers am Deklinationskopf bei der kleinen Druckschraube Z eingestellt. Die Sonnenhöhe wird abgelesen am Deklinationsbogen D b, mittelst Indexmarke i (am kurzen Deklinationsarm), der lange Schenkel trägt die kleine, drehbare Gabel g für die Schiebehülse h der Spiegelstange Sg, die Querachse des Spiegels ist mit Q, die Längsachse des Spiegels mit H und das kleine Gegengewicht am Spiegel mit G w gekennzeichnet. Sb ist der verstellbare Spiegelbogen; F die Feststellschraube für beide Teile und D die Druckschraube für die Horizontaldrehung des Spiegelbogens. Das große Gegengewicht G g entlastet den Spiegelapparat.
Siehe auch: [Fraunhofer, Joseph von] [Helioskop]
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