Vom Nutzer für den Nutzer - Bitte, nimm Dir ein wenig Zeit, hier findest Du Erläuterungen von Fachbegriffen zum Thema Uhr(en) bzw. Zeitmessung.
[zurück]
Helikoidische Verzahnung
(Schraubenverzahnung, Schneckenverzahnung - engl. Helical gear, franz. Engrenage helicoidal) Die helikoidische (schraubenförmige) Verzahnungsart zerfällt in zwei Arten; bei der einen greifen schräg gezahnte Räder in schräg gezahnte Triebe ein, bei der andern Art aber geschieht das Eingreifen der Räderzähne nur in einem wirklichen Schraubengang, der sich um eine Welle windet und die Stelle des Triebes vertritt. Bei beiden Arten findet zwischen der sogenannten Schraube ohne Ende ein wesentlicher Unterschied statt, weil bei dieser die Achse des Triebes sich mit der des Rades senkrecht kreuzt, bei jener aber die Achsen in paralleler Richtung zu einander liegen. Der Eingriff helikoidisch gezahnter Räder hat sehr viele Vorzüge vor dem gewöhnlichen Räderwerk. Außerdem hat er die Eigentümlichkeit, dass die etwa bei der Ausführung entstandenen Unrichtigkeiten sich nach fortgesetztem Gebrauche noch völlig ausgleichen und jede Stockung, sowie das sogenannte Schleudern, vermieden wird. Auch ist die helikoidische Verzahnung für solche Räderwerke, wo zwischen den Rad- und Triebzähnen der Spielraum (tote Gang) vermieden werden soll und ebenso auch für Kegelräder anwendbar. Ferner zur Ersparung des Raumes; denn man kann, sofern man nur anstatt eines mehrzahnigen Triebes einen einfachen Schraubengang in die Zähne des Rades eingreifen lässt, in diesem Falle mit kleinen Rädern von wenigen Zähnen den nämlichen Zweck erreichen, wozu nach der gewöhnlichen Bauart große, mit vielen Zähnen versehene Räder erforderlich wären.
Auch wird durch die helikoidische Verzahnung eine größere Dauer und Festigkeit hinsichtlich des verzahnten Räderwerks, Einfachheit im Bau, ein genauer und regelmäßiger Gang, ein leichteres Zuggewicht etc. erzielt. Eine andere wichtige und interessante Eigenschaft aber, welche die helikoidische Verzahnungsart besitzt, ist diese, dass sich die Bewegung eines so gezahnten Rades auch auf ein anderes übertragen lässt, dessen Achse nicht, wie gewöhnlich mit der des ersten Rades in einer und derselben Ebene liegt, und dass die Bewegung sich durch dasselbe in jedem beliebigen Winkel bis zu 90 Graden fortpflanzen lässt, indem die Achsen der Räder sich kreuzen. Dieser Winkeleingriff, welcher für vielerlei Fälle von Nutzen ist, bewegt sich zwar nicht mehr mit rollender Reibung, indem er sich schon den Eigenschaften der Schraube ohne Ende nähert, doch ist es dieserhalb nicht unmöglich, auch bei ihm die rollende Reibung zu konstruieren.
Räder und Getriebe der Art können übrigens in jedem beliebigen Maße, wie man sie für große und kleine Werke gebraucht, ausgeführt werden. Die Breite der Räder an ihrer Stirn wird - wenn man nämlich an Stelle des gebräuchlichen mehrzahnigen Getriebes sich einer wirklichen Schraube bedienen will - bei einmaligem Umschwunge des Schraubenganges, gleich der Breite resp. Länge des Triebes gemacht, weshalb man bei deren Anfertigung die nötige Sorgfalt hierauf zu beobachten nicht unterlassen darf. Die Anzahl der Zähne ist in diesem Falle den Umgängen des Triebes gleich, denn wenn Rad, z.B. 12 Zähne hat, so wird der Trieb 12 Umdrehungen gemacht haben, bevor das Rad eine Umdrehung vollendet hat. Bemerkt sei noch, dass sich nicht nur bei den Trieben, sondern auch bei den Rädern selbst, die Zahl der Zähne bis auf einen vermindern lässt; es würden sonach in diesem Falle zwei Schrauben mit vollem Umgange in einander eingreifen und ihre Umdrehungen in gleicher Zeit vollbringen. Sollen die Achsen der Räder mit denen der Triebe in paralleler Richtung zu einander liegen, so muss die Stellung der Radzähne eine entgegengesetzte schräge Richtung zu denen der Triebzähne erhalten; sollen sich jedoch die Achsen einander kreuzen, so muss die schräge (schraubenförmige) Stellung der Zähne bei Rad und Trieb entweder eine rechte oder linke sein.
Auch für helikoidisch gezahnte Kegelräder können sowohl das mehrzahnige Getriebe als auch einfache Schrauben mit vollem Umgange gebraucht werden, doch müssen diese gleichfalls eine konische Gestalt erhalten, wie es ja auch bei den gewöhnlichen Winkel- oder Kegelrädern und ihren Getrieben derselbe Fall ist. Alle hier erwähnten Zahnräderwerke sind rückläufig, d.h. sie können beliebig nach rechts und links umgedreht werden. Der Theorie nach müssen Räder, .wenn sie in einander eingreifen und einen leichten Gang haben sollen, möglichst viele Zähne haben, indem dadurch der Führungsbogen um desto kleiner und die Reibung vermindert wird. Weil doch aber die Zähne eine gewisse Stärke haben müssen, und die Breite der Zähne umso geringer wird, je mehr Zähne am Rade sind, so kann man hierin nicht zu weit gehen. Dagegen sind bei dieser Verzahnung, nach Schraubenart, alle Bedingungen erfüllt, welche die Theorie vorschreibt. Jeder Zahn vertritt hier die Stelle unendlich vieler kleiner hinter einander stehender Zähne, deren immer einer nach dem andern eintritt, bis wieder eine neue solche Reihe, d.h. ein neuer schiefer Zahn, zum Eintritt kommt.
Der Winkel, welchen die Zähne mit der Achse des Rades machen, kann nach Belieben verändert werden, ohne dass dadurch die Anzahl der Zähne eine Änderung erleidet; nur muss in diesem Falle die Breite des Rades auf der Stirn, oder der Umkreis desselben größer oder kleiner werden, weil die Richtung der Zähne immer so sein muss, dass eine zwischen zwei benachbarten Zähnen parallel zur Radachse gezogene Linie den Anfang des einen Zahnes mit dem Ende des nächstfolgenden (vielmehr die Mittellinien beider Zähne) verbindet. Die Notwendigkeit dieser Stellung ist einleuchtend, wenn man erwägt, dass jeder Zahn des Rades in den Triebzahn oder Gang der Schraube erst dann eintreten muss, wenn der vorhergehende denselben zu verlassen im Begriffe ist. Der zuweilen bei dergleichen Werken vorkommende, zwar nur sehr geringe, Seitendruck wird durch Anbringung von Gegenplatten, an welche die Zapfen der Radwellen anlaufen, noch sehr vermindert.
Die erste Anwendung der helikoidischen Verzahnung bei dem Bau von Uhrwerken machte im Jahre 1828 der Uhrmacher Schade (siehe dort) in Breslau. Er lieferte nicht nur zur zweiten Breslauer Gewerbeausstellung ein auf diese neue Weise gearbeitetes Räderwerk mit einfacher Schraube, sondern stellte auch eine so verzahnte Normaluhr mit Sekundenpendel (siehe Abbildung Nr. 80), welche mittels zweier Räder Stunden, Minuten und Sekunden zeigte, in der nächstfolgenden dritten Ausstellung zur Ansicht auf.
Schon vor mehreren Jahrhunderten, etwa um das Jahr 1642, wurde von P. Schirlei de Rheita eine neue, nur aus wenigen Rädern und Schraubengetrieben zusammengesetzte Planetenuhr angefertigt. Sie stellte auf drei übereinander angebrachten kreisförmigen Zeigertafeln nächst den Stunden die Bewegung der Planeten und den Lauf des Mondes dar. Die Berechnung und eine Abbildung der Uhr ist in Kaspar Schott's Technica curiosa enthalten und obgleich diese Uhr noch nach den Prinzipien der gewöhnlichen Schraube ohne Ende angefertigt worden war, so geht doch daraus hervor, dass man schon damals die Vorzüge der Helikoide (Schrauben- oder Schneckenlinie) zur Verzahnung der Räder für Uhrwerke jeder Art erkannt haben musste. - Später, im Jahre 1720, tat der Uhrmacher Massy zu Amsterdam in seiner Preisschrift den Vorschlag, den Zähnen der Räder eine schräge Stellung zu geben und sie, wie Rad und Triebe in eine Art von Schraube ohne Ende eingreifen zu lassen, um durch dieses Mittel den Bau von Räder- und Uhrwerken zu vereinfachen und diesen eine längere Bewegung zu verschaffen. Derselbe Vorschlag wurde von ihm in der Amsterdamer Zeitung am 30. November 1723 nochmals wiederholt. Auch zur Verminderung der Reibung an Zahnrädern wurde von Helfenzrieder 1789 in seinen Beiträgen zur Uhrmacherkunst ein ähnlicher Vorschlag getan. Die zu diesem Artikel gehörenden Abbildungen stellen die helikoidische Verzahnung in ihrer verschiedenen Anwendung dar.
- Abbildung Nr. 77: Bei diesem Räderwerk, mit parallel liegenden Wellen, wird durch jeden Zahn des Stirnrades die Schraubenspindel einmal umgedreht. Wenn also das Rad (wie hier) 12 Zähne hat und dieses einen ganzen Umlauf vollbringt, so wird zugleich auch der in dasselbe eingreifende Trieb 12 Umläufe gemacht haben. Nach dem gewöhnlichen Verfahren müssten dem Rade, um denselben Zweck zu erreichen, mindestens 72 Zähne gegeben werden. Das Rad würde sonach, der übrigen Nachteile nicht zu gedenken, auch einen schon gewaltigen Durchmesser erhalten.
- Abbildung Nr. 78: Hier greift das schräg gezahnte Rad in die gleichfalls schrägen (schraubenförmigen) Zähne des Triebes ein. Die Wellen oder Achsen dieses Räderwerks liegen auch hier in paralleler Richtung zu einander.
- Abbildung Nr. 79: Ist ein durch Schraubenräder gebildeter Winkeleingriff. Die Wellen haben hier keine parallele Richtung zu einander, auch liegen sie nicht in einer und derselben Ebene, wie z.B. bei den konischen Rädern, sondern kreuzen sich.
- Abbildung Nr. 80: Ansicht einer Normaluhr mit helikoidischer Verzahnung. Die Zeichnung stellt dieses einfache Werk in seinen einzelnen Teilen so dar, dass es schon durch ein bloßes Anschauen hinreichend erklärt wird. A ist das Minutenrad, dessen Welle zugleich die Rolle und das Zifferblatt für die Minuten trägt; B das Steigrad mit der ruhenden Hakenhemmung nach Graham. An der Welle dieses Steigrades, worauf der Sekundenzeiger befestigt ist, befindet sich der schraubenförmige Gang (siehe Abbildung Nr. 77) als Getriebe, in welchen die Zähne des Minutenrades eingreifen. Bei C ist die Aufhängung des Sekundenpendels sichtbar, für welche hier die Einrichtung mit der Pfanne und der Nuss (der sogenannten Messerschneide) gewählt worden und so getroffen ist, dass sich die Pfanne oberhalb der Nuss befindet. Bei d ist eine horizontalliegende Schraube, zum Behuf der Verschiebung des Gabelbleches und zur Richtung des Abfalles, angebracht. e ist ein Vorsteckstift zur Zusammenhaltung des Gestelles, und f, f, f, f Teile der Schnur ohne Ende, welche zur Aufnahme der Klobenrolle, als auch des Gewichts und Gegengewichts dient. g ist das Sperr-oder Aufziehrad. Unter dem Stundenzifferblatte h, h befindet sich das gewöhnliche Stundenrad mit seinem Rohr zur Aufnahme des Stundenweisers (-zeigers), welches jedoch auf der Zeichnung nebst dem Sperrkegel und dem Stundentrieb nicht sichtbar ist. Der Minutenweiser (i) ist am Gestelle der Uhr befestigt. Seine Richtung bleibt immer dieselbe, weil hier nicht der Weiser (Zeiger), sondern das Zifferblatt die Rotation zu vollbringen hat. Der Ring bei k ist das Sekundenblatt.
Siehe auch: [Eingriff] [Engrenage] [Helikoidal-Eingriff] [Helikometrie] [Räder] [Räderwerk] [Trieb] [Zahn]
[zurück]
Ein gezeigtes Bild kann zur Vergrößerung angeklickt werden. Das größere Bild wird in einem neuen Browserfenster geöffnet.