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Gold (Teil2)
Nach dem Erkalten wird dann das Blech oder Draht dem Walzer und Drahtzieher (Zurichter) übergeben, nachdem vorher das Quantum genau zugewogen und demselben gutgeschrieben wurde. Der Zurichter walzt das Blech oder zieht den Draht auf die vorgeschriebene Stärke, welche der Goldarbeiter zur Verarbeitung nötig hat. Ist der Zurichter mit seiner Arbeit fertig, so liefert er das Ganze dem Geschäftsführer (Kabinettmeister) wieder ab, welcher es zur Kontrolle genau nachwiegt, um dann den Zurichter im Buche wieder zu entlasten. Hiernach wird das Ganze dem Goldarbeiter zugewogen und übergeben, nebst einer Zugabe von sogenanntem Lot. Das ist eine Legierung vom geringerem Gold und Silber (Goldlot), oder Silber und Messing (Silberlot), welches weicher sein muss, als das zu verarbeitende Gold, also bei bedeutend geringerem Hitzegrad schmelzen (fließen) muss, damit die Gegenstände und einzelnen Teile des Schmuckes miteinander verbunden (verlötet) und befestigt werden können. Auch erhält zugleich der Goldarbeiter eine genaue gut ausgeführte Zeichnung des auszuführenden Schmuckes, nach welcher er gewissenhaft zu arbeiten hat. Diese Zeichnungen (Entwürfe) werden in größeren Fabriken von fest angestellten Zeichnern und Modelleuren angefertigt. In mittleren und kleineren Betrieben wird die Stelle eines Zeichners mit derjenigen des Kabinettmeisters vereinigt, und sind beide durchweg kunstgewerblich und praktisch durchgebildet, müssen eine umfassende Kenntnis aller in der Bijouteriebranche vorkommenden Edel-und Unedelsteine, Perlen etc. etc. haben. Sie haben auch stets für Neuheiten in der Branche Sorge zu tragen, und es ist nicht zu viel gesagt, wenn man diese Beiden die eigentliche Triebfeder des inneren Betriebs nennt.
Hat der Goldarbeiter sein Gold gehämmert, gesägt, gebogen, gedrückt, gefeilt und gelötet zu der Form, wie ihm die Zeichnung vorschreibt, so ist seine Arbeit fertig. Er hat nur noch den Schmuck in diesem Zustand in einer verdünnten Kupfervitriollösung und nachher im Wasser abzukochen, damit sich die durch das Löten an dem Schmuck haftenden Unreinlichkeiten lösen. Dass solch ein Arbeiter sich außerordentliche Geschicklichkeit aneignen und besitzen muss, sei nebenbei bemerkt. Man betrachte nur die zierlich gearbeiteten modernen Schmucksachen an den Schaufenstern der Juweliere. Wieder wird der rohe fertige Schmuck dem Kabinettmeister abgeliefert, welcher das Gewicht genau kontrolliert und die Abfälle, welche es beim Verarbeiten gibt, in Empfang nimmt. Zuletzt vergleicht er den Schmuck nochmals mit der Zeichnung, um etwaige Unrichtigkeiten abändern zu lassen.
Doch fehlt dem Gold bis jetzt sein verführerischer Glanz und seine sonstige Ausschmückung, denn erst muss der Schmuck noch in den Poliersaal. Das Polieren, welches durch weibliche Arbeiterinnen besorgt wird (Poliseusen genannt), geschieht meist mittelst Maschinen (Poliermaschinen) mit Fußbetrieb oder Elektrizität und Dampf. Der Gegenstand wird an der Maschine mit einer rotierenden Bürste, welche an einer längeren Spindel befestigt ist, gebürstet, wozu sogenanntes Tripelmehl und Polieröl miteinander vermengt, verwendet werden; hernach wird mit einem rotierenden Filz oder Wollmüll nachgebürstet, welche ebenfalls mit Tripel gut eingerieben sind. Glatte, scharfe Flächen am Gegenstand oder Facetten werden vorher mit langen flachen Schiefergriffeln und Polieröl mit der Hand geschliffen und nachher mit dem Wollmüll oder Filz leicht nachgebürstet, damit die Facetten oder Flächen ihre Schärfe nicht verlieren. Diejenigen Teile, welchen man mit der Bürste nicht beikommen kann, werden von Hand mit dünnen zugeschnittenen Polierlederriemen oder auch mit Wollfäden poliert (ausgezogen). Durch das Polieren mit Tripel hat der Gegenstand schon einen ganz bedeutenden Glanz erhalten. Der Hauptzweck, den Gegenstand von seinen Unebenheiten, Feil-strichen und Ritzen, welche er durch die Arbeit des Goldarbeiters unvermeidlich erhalten hat, zu glätten, ist erreicht. Mit warmem Wasser, etwas Soda und Seife wird der Gegenstand von Öl und Schmutz befreit, dann in warmen Sägespänen getrocknet. Hernach wird derselbe an einer besonderen, ständig nur diesem Zweck dienenden Poliermaschine nochmals mit einer rotierenden weichen Bürste gebürstet, welche mit in leichtem Spiritus aufgelöstem sogenannten Pariser Rot (eine künstlich hergestellte, sehr teure rote Masse) eingerieben ist, dann mit einem Filz- oder Wollmull (ebenfalls mit Pariser Rot gut eingerieben) wieder nachgebürstet. Zuletzt wird mit warmem Seifenwasser gewaschen und gut getrocknet. Durch das Behandeln mit Pariser Rot hat der Schmuck jetzt seinen vollen Glanz erhalten.
Nun erhält ihn der Goldgraveur, welcher den Schmuck auf einem sogenannten Kittstock am Licht be-festigt, um den Kittstock dann in einer Treibkugel (welche sich nach jeder gewünschten Richtung bewegen lässt) mit einer Schraube fest zu spannen, damit der Graveur mit dem Grabstichel Verzierungen eingravieren und mit dem Punzen und Hammer etwaige vorgeschriebene Ziselierungen anbringen kann. Meist wird auch jetzt durch den Graveur der Feingehalt des Schmuckes durch kleine Stempel eingeschlagen. Nachdem erhält den Schmuck der Juwelier (Fasser), welcher die Edelsteine und Perlen geschickt nach genauer Vorschrift befestigt. Hierauf wird der Schmuck am Licht wieder vom Kittstock entfernt und wandert wiederum in den Poliersaal, wo er in ziemlich starken Spiritus gelegt wird, um den an ihm haftenden Kitt zu lösen. Ist er nun rein und trocken, so wird er von der Poliseuse mit einer Lederfeile, welche mit Pariser Rot eingerieben ist, oder an der Maschine leicht aufgeputzt, und dann als fertig dem Geschäftsführer abgeliefert.
Jetzt erst erfolgt die Kalkulation des Schmuckes, d.h. Feststellung des Preises durch die Buchhalter, welche auch den Verkauf betreiben. Mit der zunehmenden Putzsucht einerseits, welche oft in keinem Verhältnis zu dem Verdienst und Erwerb steht, und der abnehmenden Kaufkraft des mittleren Publikums andererseits, entwickelte sich durch die starke Nachfrage nach billigem Schmuck aus der Goldindustrie die Fabrikation des Doublé und des unechten Schmuckes. Ja selbst besser situiertes Publikum hat sich durch den enorm billigen Preis und durch die dem echten Goldschmuck täuschend nachgemachten Ausführungen verleiten lassen, sich dem billigen Schmuck zuzuwenden. Diese Wendung war in der Goldbranche sehr fühlbar. Abgesehen von der weniger soliden Ausführung und der Haltbarkeit gegenüber dem echten Schmuck kommt ganz wesentlich in Betracht, dass ein echter Goldschmuck, und ist er noch so abgetragen und alt, immer seinen Wert behält. Denn seit mehr als 50 Jahren hat sich dir Wert des Goldes nicht geändert und wird für die Zukunft auch so bleiben. Hingegen repräsentiert der Doublé- oder unechte Schmuck, wenn er abgetragen ist, ganz geringen oder gar keinen Wert mehr.
(Stand 1902)
Siehe auch: [Dukatengold] [Färbung des Goldes] [Federgold] [Feingehalt des Goldes] [Feingold] [Feuervergoldung] [Gold (Teil1)] [Gold, Hämmerbarkeit] [Gold- und Silberblech-Bearbeitung] [Goldkügelchen] [Goldschlägereien] [Goldspirale] [Kronengold] [Rotgold] [Stempelzeichen der Schweiz für goldene und silberne Uhrgehäuse] [Vergoldung, deren Erkennungszeichen]
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